Das Problem mit dem Papier

Trotz Investitionen in Höhe von mehreren Billionen Dollar und jahrzehntelanger Bemühungen, hat das Gesundheitswesen auch heute noch ein Papierproblem – und das wird voraussichtlich auch in den nächsten Jahrzehnten so bleiben.

Für Patientenrechnungen verwenden noch 90% der Anbieter Papier und manuelle Verfahren: Das führt zu einem langsameren und weniger erfolgreichen Zahlungseingang. Eine andere Studie hat festgestellt, dass insgesamt 76% der befragten Gesundheitseinrichtungen, die mit elektronischen Gesundheitsakten arbeiten, Einverständniserklärungen noch immer ausdrucken, anstatt Anwendungen für elektronische Unterschriften zu nutzen. Laut der Analyse eines IT-Beratungsunternehmens druckt ein durchschnittliches Krankenhaus mit 1.500 Betten dadurch 8 Millionen Seite Papier pro Monat aus.

Die reine Erfassung von Daten oder die Automatisierung manueller Aufgaben mit Altdaten reicht jedoch nicht aus, um die hohe Papierlast im Backoffice zu verringern: Denn die Menschen tun sich schwer damit, die benötigten Information digital zu finden.

Es ist kein Geheimnis, dass Suchmaschinen und digitale Assistenten wie Google und Alexa die Art und Weise, wie Menschen auf Informationen zugreifen und Antworten auf ihre Fragen erhalten, grundlegend verändert haben. Daher sollte es nicht überraschen, dass Arbeitnehmer:innen darauf konditioniert sind, nach genau dem suchen zu können, was sie brauchen und Antworten erwarten, die zu ihren spezifischen Bedürfnisse passen. Doch die semantischen Technologien, die Suchmaschinen und digitale Assistenten nutzen, werden am Arbeitsplatz derzeit noch wenig genutzt.

Mit Intelligent Document Processing (IDP) Kontext schaffen

IDP ist ein Softwaredienst, der wichtige Informationen aus digitalen und physischen Dokumenten durch eine Datenerfassungstechnologie separiert. Dabei ist folgendes Vorgehen üblich: Import, Erfassung, Klassifizierung, Extraktion, Validierung und Export der Daten in ein anderes System. Damit ist der erste Schritt hin zu einem digitalen Transformations- oder Hyperautomatisierungsprojekts getan und die Daten aus den Dokumenten sind nutz-, durchsuch- und verwertbar.

Treibt man die IDP-Lösungen weiter und verwendet die dabei ermittelten Daten, können Datenwissenschaftler:innen Wissensdiagramme erstellen, um Daten zu optimieren und dadurch bessere Ergebnisse im Gesundheitswesen (und anderen Branchen) zu erzielen.

Ein Wissensdiagramm stellt eine Sammlung von Objekten oder Daten von Interesse dar, zeigt die Art und Weise auf, wie sie miteinander in Beziehung stehen, und enthält weitere Informationen über sie, die so genannten Metadaten. Suchmaschinen, Chatbots, Produktempfehlungsprogramme, kognitive Automatisierung und anderen KI-basierte Diensten nutzen solche Wissensdiagramme umfassend: Sie sind die Grundlage, um mit Hilfe von Daten Kontext zu erstellen.

Während die Verwendung von verknüpften Daten und Wissensdiagrammen in anspruchsvolleren Organisationen des Gesundheitswesens nur langsam zunimmt, lag der Schwerpunkt bisher auf der Unterstützung bei der Diagnose und der Vorhersage von Ergebnissen. Doch die Fortschritte in den Bereichen KI, semantischen Technologien und Wissensdiagrammen für Unternehmen versprechen eine radikale Umgestaltung des Backoffice im Gesundheitswesen. Sie haben das Potenzial, das Gesundheitswesen effizienter zu gestalten und die Kosten zu senken.

Die Weiterentwicklungen in der künstlichen Intelligenz haben Suchmaschinen intelligenter gemacht. Vorangetrieben haben dies die immer größer werdende Wissensdiagramme. Auch Institutionen des Gesundheitswesens können den wachsenden Produktivitätsanforderungen gerecht werden, indem sie ihre eigenen Wissensdiagramme aufbauen und sie in die gesamte Organisation integrieren.

Anwendungsfall: Onboarding von Mitarbeitern

Die Weltgesundheitsorganisation prognostiziert bis 2030 einen weltweiten Arbeitskräftemangel von etwa 18 Millionen Mitarbeiter:innen im Gesundheitswesen: Unternehmen werden immer mehr Aufwand und Ressourcen für die Rekrutierung und das Onboarding aufwenden müssen. Die Einstellung neuer Mitarbeiter:innen ist mit einem hohen Verwaltungs- und Dokumentationsaufwand verbunden. Wenn Unternehmen diese Prozesse automatisieren, können sie sich darauf konzentrieren, die richtigen Mitarbeiter:innen zu finden, ohne sich mit einer Menge Papierkram herumschlagen zu müssen. Die Automatisierung kritischer Onboarding-Aufgaben ist dabei von entscheidender Bedeutung.

Bundes- und landesspezifische Einstellungsdokumente von Mitarbeiter:innen sollten eingesammelt und mit Bewerbungsdaten und dem bisherigen beruflichen Werdegang abgeglichen werden.

Vor der Einstellung von Fachkräften im Gesundheitswesen ist es notwendig, eine Sanktionsprüfung durchzuführen: Nur so lässt sich verhindern, dass nicht-geeignete Personen eingestellt werden. Hintergrundprüfungen vor der Einstellung einer Person erfordern die Validierung von Daten über mehrere Datensilos hinweg. Mit Hilfe von Wissensdiagrammen können Daten aus staatlichen, bundesstaatlichen und privaten Datenspeichern miteinander verknüpft werden.

Anwendungsfall: Automatisierung der Poststelle

Viele Organisationen im Gesundheitswesen werden sowohl mit physischer als auch mit elektronischer Post überschwemmt – darunter Rechnungen, Verträge, Verwaltungskorrespondenz und viele andere Arten von Dokumenten. Die Automatisierung der digitalen Poststelle kann die Effizienz bei der schnellen Zustellung oder Verarbeitung von Post und E-Mails steigern.

Intelligente Lösungen für die Verarbeitung von Dokumenten können nicht nur die Art der Post feststellen (Rechnung, Laborergebnisse, Unterlagen usw.), sondern auch die erforderlichen Daten aus dem jeweiligen Dokumenttyp extrahieren, um so die Zustellung zu beschleunigen.

Durch die Anwendung von semantischen Daten auf die verschiedenen Arten von Post, können die Empfänger die verschiedenen Post-Typen priorisieren. Das steigert die Effizienz und verbessert die Kundenerfahrung. So können beispielsweise Patienten Testergebnisse von externen Labors schneller erhalten und auch schneller behandelt werden.

Anwendungsfall: Elektronische Krankenakten (EMR)

Die Maßnahmen des EMR-Adoptionsmodells, von Stufe 0 bis Stufe 7, zeigen den Grad, in dem ein Krankenhaussystem EMR-Funktionen anwendet. Organisationen, die nicht vollständig papierlos arbeiten, können die Healthcare Information and Management Systems Society (HIMSS)-Stufe 7, die besagt, dass alle klinischen Dokumente innerhalb von 24 Stunden nach Erstellung oder Erhalt elektronisch verfügbar sein müssen, nicht erfüllen. Aufgrund der Menge an Papier, die noch verwendet wird, befinden sich die meisten Krankenhäuser in Stufe 5 und Stufe 6.

In dem Bestreben, papierlos zu werden, haben viele Krankenhäuser einen POS-Ansatz (Point of Service) gewählt, um die Dokumente nahezu in Echtzeit zu scannen und in die EMR zu übertragen. Dieser Ansatz hat zwar dazu beigetragen, Papierzu eliminieren und die Erstellung einer einheitlichen EMR zu beschleunigen, aber nun liegen wichtige klinische Informationen unstrukturiert in der EMR – und stehen den Systemen, die sie benötigen, um daraus Erkenntnisse ableiten zu können oder eine bessere Behandlung der Patienten zu erzielen, nicht zur Verfügung.

Durch die Anwendung eines semantischen datengesteuerten Ansatzes (unter Verwendung von Wissensdiagrammen) zur Erfassung dieser klinischen Dokumente besteht die Möglichkeit diese auf klinischen Taxonomien abzubilden, um die Entitäten und Beziehungen innerhalb der Dokumente zu verstehen. Auf diese Weise ist es möglich Objekten und Datenelementen eine Bedeutung zuzuweisen und sie mit verwandten Daten in der EMR und anderen Datenquellen zu verknüpfen, um so letztlich ein unternehmensweites Wissensdiagramm über den Patienten zu erstellen. Eine 360-Grad-Sicht auf den Patienten kann eine Reihe von Initiativen im Gesundheitswesen unterstützen: z. B. die aktive Teilhabe an einem Genesungsprozess, das Gesundheitsmanagement, Präzisionsmedizin und klinische Entscheidungsfindung.

Fazit

Die Folgen der Verwendung von alten Systemen, von zu viel Papier und des Widerstands gegen eine Modernisierung ohne kontextbezogene Daten können erheblich sein: Nicht nur in Bezug auf die Kosten, sondern auch in Bezug auf die Patientenversorgung, das Wohlbefinden der Mitarbeiter:innen und die Umwelt (Diese Statistiken für das Jahr 2022 zeigen, warum das Bedrucken von weniger Papier der Welt zugutekommt.).

Der erste Schritt in Richtung Automatisierung sollte vorausschauend und mit einer intelligenten Lösung für die Dokumentenverarbeitung erfolgen, die die Leistung von KI und Wissensdiagrammen nutzt, um einen Kontext zu Ihren Daten herzustellen. Dabei ist es in Ordnung, klein, eventuell sogar nur mit einer Abteilung zu beginnen, um die Auswirkungen sprich die Ergebnisse, erst zu testen: Fangen Sie einfach an.